01 Titelthema

Besser impfen

Die Grippesaison ist angelaufen. Lässt Du Dich impfen? Gerade die „Grippe-Impfung“ ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich erfolgreich, weil die Entwickler:innen schätzen müssen, welche Virus-Variante sich in diesem Jahr durchsetzt. Wusstest Du, dass der Impferfolg auch von Dir selbst abhängt? Dein Nachtschlaf, Dein Alter und sogar in welchen Arm „gepiekst“ wird bestimmen darüber mit, wie gut die Impfreaktion ausfällt.

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Schon gewusst?

Eine gute Mikronährstoffversorgung unterstützt die Impfreaktion. Speziell Vitamin D und Zink tragen zur effektiven Funktion des Immunsystems nach Impfungen bei.

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„Wirksame Impfungen sind ein Segen.“

Eckart von Hirschhausen, deutscher Arzt, Wissenschaftsjournalist, Autor und Fernsehmoderator

Impfen ist eine Erfolgsgeschichte

Noch Ende des 19. Jahrhunderts starben in Deutschland mehrere 10.000 Kinder jährlich vor ihrem fünften Geburtstag an Diphtherie. Heute sind fast alle Kinder geimpft, 2024 gab es genau ein (erwachsenes) Diphtherieopfer. Weltweit verhindern Impfungen Millionen Todesfälle – jedes Jahr.

Trotzdem verzichten immer wieder Eltern darauf, ihre Kinder impfen zu lassen. Prominente Impfgegner:innen wie der amerikanische Gesundheitsminister Kennedy fördern sinkende Impfquoten – auch in Industriestaaten. Dabei ist eine Grundimmunisierung im Kindesalter besonders wichtig, denn mit steigendem Alter verliert die erworbene Immunabwehr an Schlagkraft – Impfungen sind dann weniger effektiv.

Lernfähigkeit nimmt ab

Mit zunehmendem Alter verändert sich das Immunsystem auf verschiedenen Ebenen. Fachleute sprechen von „Immunseneszenz“. Besonders deutlich zeigt sich das bei den T-Zellen. Sie entstehen im Thymus, einem kleinen Organ hinter dem Brustbein. Der Thymus schrumpft aber mit den Jahren und verliert seine Funktion. Deshalb werden im Alter kaum noch neue, „naive“ T-Zellen gebildet – also solche, die noch keine Erfahrung mit Krankheitserregern gesammelt haben. Man könnte sagen, dem Immunsystem geht das Blanko-Papier für neue Erreger-Steckbriefe aus. Stattdessen werden bestehende T-Zelltypen vermehrt. Viele der übrig gebliebenen Zellen sind bereits auf bestimmte Erreger geprägt, neue Gegner lassen sich damit schlechter abwehren. Das alternde Immunsystem zehrt also gewissermaßen von den Erfahrungen, die es in der Jugend gemacht hat – beispielsweise im Rahmen einer Impfung.

Auch die B-Zellen verändern sich mit dem Alter. Sie werden im Knochenmark (B steht für englisch „bone“) gebildet und sind für die Produktion von Antikörpern zuständig – also den Eiweißmolekülen, die Krankheitserreger gezielt erkennen und unschädlich machen. Doch im Alter entstehen weniger neue B-Zellen, und die Antikörper, die sie bilden, sind oft weniger vielfältig und weniger passgenau. Ihre Bindungskraft an Erreger nimmt ab, ebenso ihre Fähigkeit, diese zu neutralisieren. Gleichzeitig steigt die Neigung, Antikörper zu bilden, die sich gegen den eigenen Körper richten – sogenannte Autoantikörper. Auch B-Zellen tragen also dazu bei, dass die Immunabwehr im Alter schwächer und gleichzeitig anfälliger für Fehlsteuerungen wird.

Altersgerecht impfen

Impfungen können deshalb im höheren Alter schwächer wirken. Manche Impfstoffe müssen speziell angepasst werden, um bei Senior:innen noch eine zuverlässige Abwehr aufzubauen, etwa Grippeimpfstoffe. Auf der anderen Seite können Impfungen im Alter das Immunsystem dabei unterstützen, sich auf neue Erreger vorzubereiten, mit denen es ohne diese Starthilfe möglicherweise nicht schnell genug fertig würde. Daher werden ab dem 60. Lebensjahr zusätzliche Impfungen, etwa gegen Herpesviren, RS-Viren und Pneumokokken, empfohlen.

Ausreichend schlafen!

Schlaf ist für die Schlagkraft des Immunsystems extrem wichtig. Das zeigt sich sogar bei Impfungen: Wer ausreichend schläft, bildet deutlich mehr Antikörper – in manchen Studien sogar doppelt so viele. Verantwortlich scheinen Hormone wie Prolaktin und Wachstumshormon zu sein, die während der Nacht ausgeschüttet werden. Sie unterstützen die Aktivität und Wanderung von Immunzellen in die Lymphknoten – also genau dorthin, wo die Immunabwehr organisiert wird. Wer zu wenig schläft, unterdrückt also die Ausschüttung von Hormonen, die die Immunzellen quasi in die „Abwehrzentrale“, also die Lymphknoten, rufen.

Kurze Wege für bessere Abwehr

Ein überraschender Befund zur Effektivität von Impfungen kam kürzlich aus Australien: Auffrischungsimpfungen funktionieren besser, wenn sie in den gleichen Arm gegeben werden wie die Erstimpfung. Die Bildung von Antikörpern nach einer SARS-CoV-2 Auffrischungsimpfung war dann deutlich schneller messbar. Die Forschenden vermuten, dass die zuständigen Gedächtniszellen in den nächstgelegenen Lymphknoten „auf Abruf“ bereitliegen. Mittelfristig wird der Effekt aber wieder ausgeglichen – wer in der Vergangenheit Impfungen gegen gleiche Erreger in verschiedene Arme bekommen hat, muss sich also keine Sorgen machen.